Sonntag, 8. Dezember 2013

Der Zauber der Nacht



Laufschuhe geschnürt. Ich musste wohl los, jetzt, wo ich schon in Laufsachen war. Nach der Kälte der letzten Tage hatte ich mich gut eingepackt – zu gut, es waren nämlich kuschelig warme 7 Grad Celsius. Handschuhe in der Bauchtasche verstaut, Runtastic angestellt, Pulsuhr angestellt, los gelaufen. Heute war wieder einer dieser Tage, an dem ich mich am Liebsten unter der Bettdecke verkrochen hätte, bei einem warmen (Hafer-)Kakao und einem schönen Film. Als ich so an meinem Schreibtisch saß und schon überlegte, welchen Film ich schaue, erinnerte ich mich, dass ich  nach meinem gestrigen Lauf unglaublich gute Laune hatte, also beschloss ich, noch eine Runde laufen zu gehen. Ich hatte leider eine Stunde zuvor Mittag gegessen, eigentlich hätten es mindestens 2 Stunden sein müssen. Egal, ich dachte mir, wenn ich langsam eine kleine Runde, ca. eine halbe Stunde, laufe, wird das schon gehen. Die Luft roch nach Regen. Nicht dieser angenehme Frühlings-Regenduft, auch nicht der erfrischende Sommer-Regenduft, es roch einfach nur nach Regen. Es war trotzdem angenehm. Nicht so kalt wie gestern. Meine Beine waren schwer, große Lust hatte ich nicht, und doch bin ich recht schnell gelaufen. Puls lag im optimalen Bereich. Ich war schnell. Kaum zu glauben. Ich fühlte mich träge und zugleich fit. Auch nach 10 Minuten war ich noch schnell. Es dämmerte bereits, ich wollte nur eine halbe Stunde laufen und zu Hause sein, bevor es dunkel wird. Mein Pfefferspray lief immer mit. Allein schon, da Hunde Jogger nicht immer besonders mögen. Weiter wollte ich nicht denken. Ich lief. Die Straßen waren leer und noch nass. Ich lief zunächst durchs Industriegebiet, dann an der leeren Hauptstraße entlang wieder Richtung Haus. Auf dem MP3-Player lief AFI, passend zur Stimmung draußen. Die Wolken lagen schwer und tief über der Stadt, es wurde immer dunkler. Ich lief schnell, schaute auf die Pulsuhr – immer noch im optimalen Bereich, ich konnte es kaum glauben. Kurz bevor ich zu Hause war der Blick auf die Uhr – eine extra Runde musste ich noch, damit ich wenigstens die halbe Stunde voll bekomme. Plötzlich war ich wie verzaubert, die Lichter am Hafen, das große alte Holzschiff, die Eisbahn, in die man von außen durch die Fenster reinschauen konnte…ich fühlte eine tiefe Entspannung. Es fühlte sich richtig an, dieser Moment. Ich war gefangen von der Atmosphäre. Die Lichter der Stadt in der späten Dämmerung raubten mir den Atem, es war wunderschön! Da war mir klar: ich musste weiter laufen. Ich lief durch die Altstadt – sie war zauberhaft mit ihren alten und renovierten Häusern, den niedlichen Laternen an den Hauswänden, den engen Straßen mit dem nassen Kopfsteinpflaster, dazwischen ein kleiner Bach. Ich schaute auf die Pulsuhr: eigentlich viel zu hoch. Es war mir egal. Ich wollte laufen. Ich wollte genießen. Ich lief so wie ich mich wohlfühlte. Und wenn das bedeutete, dass ich zu schnell lief – egal. Ich wollte nur noch genießen und erlag dem Charme der Altstadt. Wieder zu Hause schaute ich auf meine Ergebnisse im Runtastic: 07:47 min/km, 6,71 km in 52 Minuten. Wow, ich war echt schnell! Dafür, dass es so ein entspannter Lauf war, war ich echt schnell! Und es war so schön! Meinen Trübsal hatte der Wind mit sich gerissen, ich fühlte mich frei und glücklich! 

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