Laufschuhe geschnürt. Ich musste wohl los, jetzt, wo ich
schon in Laufsachen war. Nach der Kälte der letzten Tage hatte ich mich gut
eingepackt – zu gut, es waren nämlich kuschelig warme 7 Grad Celsius.
Handschuhe in der Bauchtasche verstaut, Runtastic angestellt, Pulsuhr
angestellt, los gelaufen. Heute war wieder einer dieser Tage, an dem ich mich am
Liebsten unter der Bettdecke verkrochen hätte, bei einem warmen (Hafer-)Kakao
und einem schönen Film. Als ich so an meinem Schreibtisch saß und schon überlegte, welchen Film ich schaue, erinnerte ich mich, dass ich nach meinem gestrigen Lauf unglaublich gute
Laune hatte, also beschloss ich, noch eine Runde laufen zu gehen. Ich hatte
leider eine Stunde zuvor Mittag gegessen, eigentlich hätten es mindestens 2
Stunden sein müssen. Egal, ich dachte mir, wenn ich langsam eine kleine Runde,
ca. eine halbe Stunde, laufe, wird das schon gehen. Die Luft roch nach Regen.
Nicht dieser angenehme Frühlings-Regenduft, auch nicht der erfrischende
Sommer-Regenduft, es roch einfach nur nach Regen. Es war trotzdem angenehm. Nicht so
kalt wie gestern. Meine Beine waren schwer, große Lust hatte ich nicht, und
doch bin ich recht schnell gelaufen. Puls lag im optimalen Bereich. Ich war
schnell. Kaum zu glauben. Ich fühlte mich träge und zugleich fit. Auch nach 10
Minuten war ich noch schnell. Es dämmerte bereits, ich wollte nur eine halbe
Stunde laufen und zu Hause sein, bevor es dunkel wird. Mein Pfefferspray lief
immer mit. Allein schon, da Hunde Jogger nicht immer besonders mögen. Weiter wollte ich
nicht denken. Ich lief. Die Straßen waren leer und noch nass. Ich lief zunächst
durchs Industriegebiet, dann an der leeren Hauptstraße entlang wieder Richtung
Haus. Auf dem MP3-Player lief AFI, passend zur Stimmung draußen.
Die Wolken lagen schwer und tief über der Stadt, es wurde immer dunkler. Ich
lief schnell, schaute auf die Pulsuhr – immer noch im optimalen Bereich, ich
konnte es kaum glauben. Kurz bevor ich zu Hause war der Blick auf die Uhr –
eine extra Runde musste ich noch, damit ich wenigstens die halbe Stunde voll
bekomme. Plötzlich war ich wie verzaubert, die Lichter am Hafen, das große alte
Holzschiff, die Eisbahn, in die man von außen durch die Fenster reinschauen konnte…ich
fühlte eine tiefe Entspannung. Es fühlte sich richtig an, dieser Moment. Ich
war gefangen von der Atmosphäre. Die Lichter der Stadt in der späten Dämmerung raubten mir den
Atem, es war wunderschön! Da war mir klar: ich musste weiter laufen. Ich lief
durch die Altstadt – sie war zauberhaft mit ihren alten und renovierten
Häusern, den niedlichen Laternen an den Hauswänden, den engen Straßen mit dem
nassen Kopfsteinpflaster, dazwischen ein kleiner Bach. Ich schaute auf die
Pulsuhr: eigentlich viel zu hoch. Es war mir egal. Ich wollte laufen. Ich wollte
genießen. Ich lief so wie ich mich wohlfühlte. Und wenn das bedeutete, dass ich
zu schnell lief – egal. Ich wollte nur noch genießen und erlag dem Charme der
Altstadt. Wieder zu Hause schaute ich auf meine Ergebnisse im Runtastic: 07:47
min/km, 6,71 km in 52 Minuten. Wow, ich war echt schnell! Dafür, dass es so ein
entspannter Lauf war, war ich echt schnell! Und es war so schön! Meinen Trübsal
hatte der Wind mit sich gerissen, ich fühlte mich frei und glücklich!
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